(Keine) Haftung des Directors einer britischen Ein-Personen-Limited nach dem „Brexit“

Der Director einer britischen Limited konnte nach bisheriger Rechtsprechung gemäß §§ 69, 34 Abs. 1 AO für Steuerschulden einer deutschen Niederlassung in Haftung genommen werden. Zu den juristischen Personen des Privatrechts, deren gesetzliche Vertreter unter § 34 Abs. 1 AO fallen, zählen auch Gesellschaften ausländischer Rechtsform, die den deutschen juristischen Personen entsprechen.[1]

BMF-Schreiben vom 30.12.2020

Ob das nach dem „Brexit“ noch so gilt, ist zweifelhaft. Die Finanzverwaltung geht im BMF-Schreiben vom 30.12.2020[2] für Gesellschaften in der Rechtsform einer britischen Limited mit Verwaltungssitz (Ort der Geschäftsleitung) im Inland (Deutschland) davon aus, dass mit Ablauf des 31.12.2020 eine Rechtsnachfolge auf die bzw. den (bisherigen) Gesellschafter der Limited stattfand.

Gesamtrechtsnachfolger wird Steuerschuldner

Wenn demnach bei einer „Ein-Personen-Ltd.“ eine Gesamtrechtsnachfolge stattfand, dann ist der Gesamtrechtsnachfolger Steuerschuldner (§ 45 Abs. 1 S. 1 AO) und kann nach dem Grundsatz der „Exklusivität“ von Schuld und Haftung nicht (mehr) Haftungsschuldner für Steuerschulden der Limited sein. Dieser Grundsatz besagt, dass ein Steuerschuldner nicht zugleich Haftungsschuldner sein kann (und umgekehrt); beides schließt sich wechselseitig aus.

Ein Haftungsbescheid gegenüber dem ehemaligen Director für Steuerschulden „seiner“ Limited wäre daher rechtswidrig und anfechtbar.

Praxis-Tipp

Rechtsprechung zu dieser Frage liegt noch nicht vor. Der BFH (13.10.2021, I B 31/21) entschied bisher nur, dass sich durch den „Brexit“ zwar der zivilrechtliche Status einer nach britischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft in Form der Limited geändert habe. Als Gesellschaft eines Drittstaats mit inländischem Verwaltungssitz könne sich die Limited fortan nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit berufen und die Frage ihrer Rechtsfähigkeit bestimme sich nach der sog. Sitztheorie (Verweis auf BGH-Rechtsprechung). Dies führe zwar zum Verlust der (zivilrechtlichen) Rechtsfähigkeit, lasse aber die Qualifikation einer britischen Limited als (Körperschaft-)Steuersubjekt unberührt. Für die (körperschaft-)steuerrechtliche Behandlung einer ausländischen Gesellschaft komme es nach ständiger Rechtsprechung nicht auf die zivilrechtliche Rechtsfähigkeit, sondern auf den sog. Typenvergleich an. Aus diesem Typenvergleich folge, dass eine britische Limited (weiterhin) als (Körperschaft-)Steuersubjekt zu behandeln ist.

[1] FG Köln, 19.07.2018, 13 K 3142/13; FG Berlin-Brandenburg, 26.11.2015, 9 V 9170/14.

[2] BMF, 30.12.2020, BMF IV A 3 – S 0284/20/10006 :003, BStBl. I 2021, 46.

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