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Rico Deutschendorf ▪ Rechtsanwalt | Fachanwalt für Steuerrecht | Steuerstrafverteidiger | Dozent ▪ Leipzig | Sachsen | bundesweit

Hinterziehungszinsen: Finanzamt berechnet Zinslauf falsch

Wenn Steuern hinterzogen wurden, sind diese zu verzinsen (§ 235 Abs. 1 S. 1 AO). Immer wieder habe ich Bescheide über Hinterziehungszinsen auf dem Tisch, in denen der Zinslauf vom Finanzamt falsch berechnet wurde.

Anhand des folgenden Beispiels möchte ich die Problematik veranschaulichen:

Beispiel

Unternehmer U, der keinen Steuerberater hat, gab pflichtwidrig seine Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2017 nicht ab. Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens und Erlass eines Nachforderungsbescheides zahlt U die hinterzogene Umsatzsteuer 2017 am 15.12.2024 nach.

Beginn des Zinslaufs: Eintritt der Steuerverkürzung

Der Zinslauf beginnt gemäß § 235 Abs. 2 S. 1, 1. HS AO grundsätzlich „mit dem Eintritt der Verkürzung“ (Steuerverkürzung). Bei Anmeldungssteuern (wie hier die Umsatzsteuer) ist die Steuer im Fall des pflichtwidrigen Unterlassens (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) mit Ablauf der Anmeldungsfrist verkürzt.

Anmeldungsfrist für die Umsatzsteuer 2017 war bei steuerlich nicht vertretenen Steuerpflichtigen der Ablauf des 31.05.2018.

Häufig liest man dann im Zinsbescheid des Finanzamtes:

„Beginn des Zinslaufes: 31.05.2018“

Ausnahme: Spätere Fälligkeit

Das ist jedoch falsch, denn dabei wurde die (Be-)Rechnung ohne § 235 Abs. 2 S. 2, 2. HS und S. 2 AO gemacht („… es sei denn, dass die hinterzogenen Beträge ohne die Steuerhinterziehung erst später fällig geworden wären. In diesem Fall ist der spätere Zeitpunkt maßgebend.“).

Hier greift die Ausnahme: Gemäß § 18 Abs. 4 S. 1 UStG wird nach Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung (Jahresanmeldung) ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Finanzamtes erst einen Monat nach Eingang der Jahresanmeldung fällig.

Unterstellt man, dass die Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2017 am letzten Tag der Anmeldungsfrist (31.05.2018) abgegeben worden wäre – was zulässig ist -, dann wäre die USt-Nachzahlung (erst) mit Ablauf des 30.06.2018 fällig gewesen. Der Zinslauf beginnt daher erst mit Ablauf des 30.06.2018.

Da der 30.06.2018 ein Sonnabend war, verschiebt sich die Fälligkeit gemäß § 108 Abs. 3 AO auf den nächstfolgenden Werktag (hier: 02.07.2018).

Praxis-Tipp

Es lohnt sich, den Beginn des Zinslaufs nachzuprüfen. Je nachdem, wie hoch der zu verzinsende Betrag bzw. die verkürzten Steuern sind, kann der Fehler des Finanzamtes dem Mandanten sonst hunderte bis tausende Euro zusätzlich kosten. Ist der Zinslauf falsch berechnet, sollte Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantrag werden. – Bei der Einkommensteuer enthält § 36 Abs. 4 EStG eine Regelung zur Fälligkeit.

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